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Eternauta – Rezension: Würdiges Denkmal gesetzt

EternautaAuf dem ersten Blick liest sich die Inhaltsangabe wie ein ganz normaler Science Fiction-Abenteuercomic. Ein bei Berührung mit der Haut sofort tödlich wirkender Schneefall rottet in einer kühlen Winternacht des Jahres 1963 den Großteil der Menschheit aus. Was da noch niemand ahnt: Der todbringende Schnee soll nur den Weg zu einer kriegerischen Invasion der Erde durch eine unbekannte außerirdische Rasse ebnen. Eine Gruppe von freundschaftlich miteinander verbundenen Nachbarn in einem ruhigen Vorort von Buenos Aires überlebt diesen Angriff durch Glück und mit Hilfe von selbstgebastelten Schutzanzügen. Sie schließen sich einer versprengten Gruppe von Resten der argentinischen Streitkräfte an und beginnen einen genauso erbitterten, wie auch verzweifelten Widerstandskampf gegen die Invasoren …

Erst mit dem Wissen um das Schicksal des argentinischen Autors Hector German Oesterheld, bzw. nach dem Lesen des 13-seitigen Vorworts eröffnet sich die seltsame Tragik, die hinter dieser fantastischen SF-Geschichte steckt. Denn sie liest sich wie eine metaphorische Vorwegnahme der Ereignisse in Argentinien nach dem Militärputsch 1976 und wie eine düstere Vorahnung dessen, was mit Osterheld und seiner Familie noch geschehen sollte. Er, seine vier Töchter und zwei Schwiegersöhne gingen nach dem Putsch 1976 tatsächlich in den Untergrund. Sie betätigten sich als Widerstandskämpfer, wurden gefasst und kamen in den Todesgefängnissen der Militärjunta schließlich ums Leben. Die Gebeine fast aller Familienmitglieder wurden bis heute nicht gefunden.

Schon fast unheimlich ist in dieser Hinsicht der Beginn der Story auf den ersten drei Comicseiten. Ein zeitreisender Mann (der Eternauta, in etwa: der ewig Reisende) materialisiert sich im Jahre 1957 vor dem Schreibtisch eines Comicautors und erzählt diesem seine Erlebnisse während der noch stattfindenden Invasion im Jahre 1963. Dass die Person Ähnlichkeit mit Osterheld hat und dass die Handlungsorte in dessen tatsächlichen, realen Wohnort in einem Vorort von Buenos Aires angesiedelt sind, macht die ganze Sache noch beklemmender.

Dabei ist die Geschichte auch ohne Einbindung der dunklen, antizipatorischen Aspekte und trotz ihres Alters – sie erschien als Fortsetzungscomic von 1957 bis 1959 im argentinischen Comicmagazin Hora Cero – unwahrscheinlich spannend zu lesen und verfügt größtenteils über ein beeindruckend detailliertes Artwork. Aufgrund der Eigenschaft der Fortsetzungsgeschichte findet sich regelmäßig ein toller Cliffhanger, der über die gesamten -340- Seiten mit Comicanteil einen hohen Spannungsbogen aufrechterhält.

Neben dem 13-seitigen, ergreifenden Vorwort mit dem Titel „Auf der Suche nach der verlorenen Familie“, beinhaltet der Band einen vierseitigen Artikel über die zeitgenössische Comicszene in Argentinien. Nach dem Comicteil schließt die Literaturwissenschaftlerin Estela Schindel das imposante HC- Buch mit einem interessanten, 13-seitigen Beitrag über Antizipation, Rezeption und Nachwirkungen dieses bedeutenden Werks der Comickunst ab.

Fazit: Auf knapp -400- Seiten wurde dem ermordeten Comicautor Hector Oesterheld, sowie seiner vielschichtigen SF-Geschichte über den Eternauta ein würdiges Denkmal endlich auch in deutscher Sprache gesetzt. Gut gemacht, Avant Verlag!

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