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Sweet Tooth Band 4: Bedrohte Arten – Rezension

sweet-tooth_bedrohte-artenNachdem das Hybridwesen Gus mit zwei seiner Artgenossen, sowie mit einigen menschlichen Mitgefangenen aus Abbots unmenschlichen Konzentrationslager fliehen konnten, setzen diese ihren Weg durch das postapokalyptische Amerika in Richtig Norden fort. Im fernen Alaska erhoffen sie, den Ursprung der Seuche, die vor zehn Jahren fast die gesamte Menschheit ausgerottet hat, auf den Grund zu gehen. Vor allem Gus hofft dort auch auf die Lüftung des Geheimnisses seiner eigenen Geburt. Bis dahin ist es für die zusammengewürfelte Gruppe aber ein beschwerlicher und weiter Weg. Und vor allem in den tiefen, verschneiten Wäldern von Kanada lauern schreckliche Gefahren.

Zunächst will ich eines loswerden. Und das ist ein dickes Lob für die immer wieder gelungenen Covermotive der Serie. Ausgabe für Ausgabe denkt sich der Künstler Jeff Lemire ein neues, allegorisches Motiv aus, welches einerseits auf den Inhalt abzielt, aber auch immer wieder in eine seltsame Art von Kommunikation mit mir als Betrachter eingeht. Hier steht Gus verträumt auf einem Berg von Gebeinen, scheint sich dabei an drei Seelen zu klammern, hält diese in der Hand, wie ein Kind gasgefüllte Luftballons festhalten würde, damit sie nicht in den Himmel aufsteigen. Besonders im letzen Teil des Sammelbandes, er enthält die US-Ausgaben Sweet Tooth #18 – #25, bekommt dieses Covermotiv eine besondere Bedeutung. Nämlich dann, als Gus im Geiste eine symbolschwangere Agonie voller alptraumhafter Sequenzen durchläuft. Hier zeigt sich vor allem der morbide Einfallsreichtum von Jeff Lemire, der kaum vergleichbar ist – vielleicht mit den surrealen Werken von David Lynch und David Cronenberg, oder gar dem Maler Alfred Böcklin. Irgendwie kam mir das aber auch seltsam bekannt vor: vielleicht aus meinen eigenen Alpträumen?

Wie in vielen ähnlichen Endzeitszenarien in Büchern, Filmen und Comics ist auch diese Gruppe auf der Suche nach einem Ort, an dem man sich sicher fühlen kann, eine Geborgenheit, die Glück und Frieden nach den fürchterlichen Erlebnissen der Seuche verheißt. Dass sich diese Zuflucht oft als trügerisch erweist, das ist die grobe Rahmenhandlung dieses Siebenteilers, der sich insbesondere mit den Sehnsüchten seiner Figuren nach Geborgenheit und Frieden beschäftigt. Für mich sind die einfachen, menschlichen Grundbedürfnisse, die schon in unserer Realität schwer erreichbar sind, in der Postapokalypse nahezu unmöglich. Trotzdem ist dieses Suchen nach der Unbestimmtheit namens Glück und Frieden der wohl einzige Antrieb, der alle an Leben erhält und deren Handlungen beeinflusst. Sweet Tooth nähert sich von Ausgabe zu Ausgabe diesem spannenden Thema und ich bin mehr als gespannt, ob und wie Gus, Jeppert und ihre Begleiter ihr Ziel erreichen und wie sie damit umgehen.

Jeff Lemires dreckige, einfache und gleichzeitig so vielsagende Zeichnungen verfügen in der Regel über wenige Sprechblasen. Sie wirken wie kurze, surreale Filmausschnitte, die mich über die Bild- und Textgrenzen des Comics hinaus die Story verfolgen lies. Die einzige Negative war dabei nur, dass ich diesen Band ungewöhnlich schnell durchgelesen hatte.

Fazit: Eine fesselnde und bedrückende Alptraumfahrt durch eine postapokalyptische Welt von Jeff Lemire.
Rezension von michidiers, Oldenburg

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